Deine Bestellung wurde gepackt von... mir!

 

Ich hatte in meinem kurzen Berufsleben schon einige und sehr unterschiedliche Vorgesetzte.

Manche haben mein Potenzial erkannt, von einigen wurde ich jedoch sehr unterschätzt, wie ich bereits beispielhaft in meinem Eintrag „Das Glück der Anderen“ angedeutet habe.

Nur von den wenigsten wurde ich gefördert.

Zuletzt stieß ich gar auf eine Diskriminierung.

 

In einem kleinen Unternehmen mit logistischem Hintergrund ist immer wieder kurzfristige Unterstützung des kaufmännischen Personals im Lager gefragt.

So bat auch ich mich gern dafür an, denn ich mag Abwechslung und lerne gern dazu.

 

Aufgrund meiner Körpergröße und der Tatsache, dass ich ein „Mädchen“ bin, wurde mir der Wunsch von meinem Vorgesetzten jedoch zunächst abgeschlagen. Das wurde mir tatsächlich genau so unter die Nase gerieben, keine Beschönigungen - und das blieb nicht das letzte Mal.

 

Ist nicht allein das schon eine Diskriminierung, so hätte ich es zumindest mehr verstanden, wenn er meine Behinderung angesprochen hätte. Dass er besorgt um meine Sicherheit und Gesundheit wäre, sollte ich im Lager arbeiten. Das wäre zumindest angebracht gewesen. Aber darüber fiel kein einziges Wort.

 

Ich kannte das Lager. Es war nicht besonders groß und die wichtigsten Sachen waren für mich gut zu erreichen. 

Außerdem kannte ich die Durchschnittsbestellungen unserer Kunden.

Dass ich keine Paletten für Großkunden würde bereit stellen können, das war auch mir klar. 

Aber alles andere traute ich mir ohne weiteres zu.

 

Ich probiere mich gern aus. Auch wenn ich weiß, dass etwas für mich verglichen schwieriger und anstrengender sein wird, versuche ich es gern aus. 

Ich teste meine Grenzen aus, gucke was möglich ist. Denn nur dann weiß ich, ob es funktioniert oder nicht. Wenn nicht, habe ich es zumindest probiert. 

Meist werde ich jedoch dank meines Mutes belohnt.

 

Also ging ich zu meinem Vorgesetzten und bat ihn mich die Lagerarbeit 1-2 Stunden testen zu lassen. Meinen Eltern erzählte ich zunächst nichts von meinen Plänen, damit sie sich nicht wieder unnötig Sorgen um mich machten. 

Gleich am nächsten Tag durfte ich mit anpacken und was soll ich sagen? Es blieb nicht das letzte Mal. Mein Vorgesetzter kam in Zukunft sogar von selbst auf mich zu, um mich wieder um meine Mithilfe im Lager zu bitten. Mein Gefühl und meine Selbsteinschätzung hatten mich wieder nicht getäuscht.

 

Allein die Bewegung tat mir gut, aber auch der Abstand zum Computerbildschirm und dem Telefon.
Und wenn ich einmal an etwas nicht rankam - und das betraf zu 99% nur die Verpackungskartons - halfen mir halt meine netten Kollegen. Das war ja auch schließlich keinerlei zeitlicher Mehraufwand für sie.

 

Zugegeben: Beim Verpacken der Artikel in die Versandkartons hatte ich die ein oder andere kleine Schwierigkeit. Zum einen liegt das an meiner eingeschränkten Feinmotorik, zum anderen bin ich einfach nur schusselig und tollpatschig. Und mit diesen Paketband-Abrollern stand ich ohnehin schon immer auf Kriegsfuß.

 

Aber das Entscheidende ist: Ich habe einmal mehr etwas geschafft, was mir zuerst nicht - und bestimmt nicht ausschließlich von meinem Vorgesetzten -  zugetraut wurde. 

 

 

P.S.: Das Vorschau-Bild dient einzig allein der Illustration, ich habe dort nicht gearbeitet!