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Auch ich stehe in Bus und Bahn gern für ältere Menschen oder Kinder auf. Es ist zwar so, dass ich den Platz selber gut gebrauchen kann. In diesem Moment hat dann aber selbst mein Sitzplatz keine Priorität mehr.

 

Ich bin auch nicht die Art von Mensch, die trotz Schwerbehindertenausweis auf den Sitzplatzanspruch besteht und andere Menschen dafür von ihren Plätzen verjagen möchte.

 

Jedenfalls helfe selbst ich gern da, wo ich kann.

 

Es ist für bestimmte Personengruppen eben nicht so einfach die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, bei manchen Stationen in Hamburg noch schwerer, als bei anderen.

 

Erst diese Woche, als ich Berliner Tor auf meine S-Bahn wartete, wurde ich von einer jungen Dame angesprochen.

 

Ob ich ihr beim Einsteigen gleich helfen könnte. Sie hätte damit Schwierigkeiten, gerade hier Berliner Tor.

 

Für die, die es nicht wissen:

 

Der obere S-Bahnsteig Berliner Tor hat eine Kurve und die Abstände zwischen Bahn und Bahnsteig können daher sehr groß sein. Für Schwerbehinderte, Kinder, Hunde etc. ist das durchaus problematisch.

Für die junge Dame, aber eben auch für mich.

 

Dadurch, dass ich seit Jahren fast täglich sei Berliner Tor umsteige, habe ich inzwischen die für mich perfekten Bahnsteighöhen für Ein- und Ausstieg herausgefunden.

 

Der jungen Dame teilte ich aber dennoch lieber mit, dass ich selbst nicht gut laufen kann und mit dem Einstieg Berliner Tor mitunter so meine Schwierigkeiten habe, aber wir das bestimmt zusammen hinbekommen.

 

Ich merkte ihr die Verunsicherung an und sie sprach entsprechend noch eine andere Dame an, die neben mir auf der Bank saß.

Diese bot hilfsbereit und ohne zu zögern ihre Unterstützung an.

 

Die junge Dame wendete sich noch einmal mir zu und entschuldigte sich. Es war ihr lieber und sicherer jemand anderes zu bitten, wenn ich schon selbst Probleme habe.

 

Ich konnte sie natürlich sehr gut verstehen und gab ihr zu verstehen, dass ich genauso gehandelt hätte.

 

Als unsere S-Bahn schließlich kam, stellte ich fest, dass sie doch mehr Hilfe benötigte, als ich selbst vermutet hätte.

 

Am Ende war ich also vor allem für sie froh, dass sie sich nicht für mich entschieden hatte.

 

Nach dem Einstieg ging sie nach links zu einem freien Platz und ich ging nach rechts.

 

Die Bahn setzte sich recht schnell in Bewegung, sodass ich mir meinen Sitzplatz zwar schon ausgucken, aber noch nicht einnehmen konnte.

Ich hielt mich also erst einmal an der Haltestange direkt daneben fest.

 

Da ich mehr auf meine körperlichen Fähigkeiten vertrauen will und mir mehr zutrauen möchte, vertraute ich schließlich auch darauf, dass ich eine Sekunde die Haltestange los lassen könnte, die eine Sekunde mein Gleichgewicht halten könnte und in dieser einen Sekunde den Sitzplatz einnehmen könnte.

 

Denn meist schaffe und kann ich mehr, als ich mir selbst zutraue.

 

In diesem Fall hatte ich mich aber leider tatsächlich überschätzt und fiel.

 

So viel zu den Worten, die ich der jungen Dame nur 2 Minuten vorher selbstsicher gesagt hatte: 

„Ich habe zwar selbst Probleme, aber das kriegen wir bestimmt hin!“. Wie ironisch irgendwie.

 

Falls sie meinen Sturz gesehen hatte, musste sie sich in ihrer Entscheidung, wem sie sich anvertraut, mehr als bestätigt gefühlt haben.

 

Dabei wäre ich wirklich gern die Person gewesen, die ihr hilft und Sicherheit gibt.