Es war wieder Freitag, es war wieder Berliner Tor und ich war wieder auf dem Heimweg.
Ich war geschafft vom Tag und noch viel mehr von der gesamten Arbeitswoche.
Der ganze Tag war durchzogen von lauter schlechter Omen.
Der Morgen begann schon damit, dass die S-Bahn nicht weiterfuhr und wir nicht wussten, wie und wann es weitergehen würde - Rettungswageneinsatz.
Gefühlt ist das ein Mal in der Woche so.
Die meisten Menschen stöhnen dann, rollen mit den Augen, schnaufen. Weil sie dadurch zu spät zur Arbeit kommen.
Ich persönlich bin bei sowas inzwischen entspannter geworden.
Ich würde, wenn der Einsatz mich betreffen würde, auf Verständnis der Menschen hoffen oder noch ein viel entscheidender Denkanstoß: Vielleicht kämpft dort wirklich gerade jemand um sein Leben.
Was sind dagegen 30 Minuten später auf Arbeit sein?
Im Alltag verlieren die Menschen oft den Blick für das Wesentliche.
Zu meiner entspannteren Haltung haben mit Sicherheit auch meine inzwischen flexiblen Arbeitszeiten beigetragen.
Es gab auch Zeiten, in denen ich mir schon bei 10 Minuten ungeplanter Verspätung etwas von meiner Teamleiterin anhören durfte - Rettungswageneinsatz hin oder her.
Da bin auch ich morgens gleich gestresst zur Arbeit gefahren - ein toller Start in den Tag.
So entspannt ich also inzwischen damit umgehen kann und darf - letzten Freitag war das mal nicht so.
Ich hatte eine lange, anstrengende Woche hinter mir, die ich so in der Form schon sehr lange nicht mehr hatte.
Ein langer Arbeitstag hatte einen späteren Arbeitsbeginn am Folgetag und damit wiederum einen späten Feierabend zur Folge - ein Teufelskreislauf.
Mein Lichtblick war genau dieser Freitag, an dem ich es endlich mal wieder früher aus dem Haus schaffte. 14 Uhr Feierabend, das hatte ich mir verdient.
Durch den S-Bahn-Stillstand und noch andere Umstände im Büro wurde aus 14 Uhr Feierabend schließlich 15 Uhr.
Als ich endlich auf dem langersehnten Heimweg auf dem Bahnsteig der S21 am Berliner Tor stand, war dieser unverhältnismäßig voll.
In die nächste S-Bahn würde ich nicht mehr reinkommen, das war schon jetzt klar.
Super, noch später zu Hause, noch eine Bahn verpasst, noch mal 10 Minuten warten.
Die nächste Bahn kam schließlich und der Bahnsteig war dieses Mal ziemlich leer.
Meine Bahn nach Hause, meine Bahn ins Wochenende, endlich.
Ich stellte mich an die Türseite, in die ich einsteigen wollte, vor mir stand ein Mann mit Fahrrad.
Anstatt in dieser Tür einzusteigen, entschied sich dieser von einer Sekunde auf die andere um und wollte nun anscheinend lieber woanders einsteigen.
Er ging plötzlich rückwärts, ohne sich vorher noch einmal umzudrehen.
Aber da war kein Platz zum Rückwärtsgehen, da stand ich - und ich fiel, auf meinen Hintern.
Es kamen eins, zwei Menschen, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Vielleicht war auch der Herr mit dem Fahrrad dabei - ich kann es nicht mehr genau sagen. In meiner Erinnerung waren es nur zwei Damen.
Aber auch sie halfen mir nicht beim Aufstehen - Hauptsache noch schnell die Bahn kriegen.
Mein erster Gedanke nach dem Sturz war:
Zum Glück bin ich nicht mit dem Kopf aufgeschlagen.
Mein zweiter Gedanke war:
Auch diese Bahn werde ich nicht kriegen, super, noch später zu Hause.
Aber ich habe sie noch gekriegt. Keine Ahnung, wie ich das geschafft habe.
Es ging mir gut, aber mein Hintern tat nun noch mehr weh, als ohnehin schon.
Ich hatte nämlich seit Montag Muskelkater vom langen Sitzen auf den harten Küchenstühlen im Büro - mehrstündiger Workshop in der Küche, weil alle Meetingräume belegt waren.
Naja, doppelt hält besser, sagt man doch.
Im Nachhinein grenzt es für mich fast an ein Wunder, dass mein Kopf nicht auf dem harten Steinboden aufschlug, als ich fiel. Ich muss ihn intuitiv hochgehalten haben.
Es hätte Sicherheit eine Gehirnerschütterung zur Folge gehabt - vielleicht sogar mehr..
Vielleicht wäre ich dann js mal der Rettungswageneinsatz gewesen, der die S-Bahn vom Weiterfahren abhält…