Man erkennt dich am Gang.
Dein Gang verrät durchaus auch zu welcher Familie du gehörst.
Ich erinnere mich an einen Spaziergang mit meiner Oma und ihren zwei Kindern (meiner Mutter und meinem Onkel). Sie gingen nebeneinander her. Sie konnten sich nicht leugnen, denn sie hatten exakt denselben Gang.
Auch mein Gang ist spezifisch, doch hat er natürlich weniger mit den Genen zu tun, als mit meiner Schwerbehinderung.
In den letzten Wochen wurde mein Gang überraschend oft unter meinen Mitmenschen thematisiert.
Das stimmt mich aktuell tatsächlich etwas nachdenklich.
Grundsätzlich bin ich im Umgang mit meiner Behinderung eher positiv als negativ. Ich kann die Situation ohnehin nicht ändern und ich bin froh überhaupt laufen zu können.
Und trotzdem gibt es Momente, bei denen wieder die Melancholie durchkommt.
Viele würden meine Gangart als humpeln bezeichnen.
Die reinen Fakten sehen so aus, dass ich meine Füße beim Laufen kaum abrollen kann und meine Füße - vor allem rechts - dabei nach innen zeigen.
Von klein auf haben mir meine Eltern eingebläut: Achte auf deine Füße. Beziehungsweise: Sie haben es vielmehr versucht.
Ich sollte aktiv gegen diese Schwächen anarbeiten, sodass die „richtige“ Art zu Gehen schließlich zur Gewohnheit wird. Damit es irgendwann ganz automatisch passiert.
Aber das hielt ich nie lange durch.
Zehn Schritte noch daran gedacht, den elften dann schon nicht mehr.
Vor allem wenn ich dann viel gelaufen bin, war ich am Ende zu kaputt, um allein die Kraft dafür aufwenden zu können meine Füße nach außen zu drehen.
Ja, ich könnte nach vielen Jahren mal wieder zur Krankengymnastik gehen und dort effektiv an meinem Gang arbeiten.
Aber ich habe das Gefühl, dass es auf das Gleiche, wie damals als Kind hinauslaufen würde: Während der Krankengymnastik wird extrem darauf geachtet und danach lasse ich es wieder schleifen.
Ich weiß, da muss ich vor allem mit mir selbst ins Gericht gehen.
Mir kam zufällig der Gedanke, ob es nicht eine Art Reha oder Kur für so etwas geben könnte.
Einfach einmal ein paar Wochen raus aus allem und wirklich NUR auf das Training konzentrieren.
Spätestens dann müsste das Gelernte doch zur Gewohnheit werden, oder?
Ich glaube natürlich nicht ernsthaft, dass es eine Reha für sowas gibt, nicht für mein kleines Anliegen.
Dafür gibt es so viele wichtigere Situationen und Umstände, die es erfordern, dass man einmal aus seinem gewohnten Umfeld und Alltag rauskommt, um sich vollkommen auf sich und seine Genesung konzentrieren zu können.
Aber falls es so eine Einrichtung auch für diese kleinen Anliegen geben würde, so wäre sie wahrscheinlich genau die richtige Lösung für mich und damit wortwörtlich ein weiterer Schritt für mich in Richtung Normalität.