Eigentlich müsste ich mein Leben lang zur Physiotherapie.
Aber um ehrlich zu sein: schon als Kind habe ich es nicht gerade gemocht.
Seit ich 2012 nach Hamburg gezogen bin, habe ich keine Krankengymnastik mehr wahrgenommen.
Stattdessen bin ich meinen eigenen Weg gegangen und habe über die Jahre herausgefunden, was ich kann und was meinem Körper gut tut.
Ich habe diverse Onlineprogramme erfolgreich absolviert und viel davon in meinen Alltag übernommen - vor allem in Sachen Ernährung.
Auch Sport spielte in diesen Programmen immer eine große Rolle und so habe ich die Videos stets bestmöglich nachgeturnt.
Ich habe schnell gelernt, wie ich Übungen für mich realistisch abwandeln kann, aber konnte wiederum auch hier und da über mich hinaus wachsen.
Es war ein tolles Gefühl sich so schnell besser zu fühlen - und das total unabhängig von einer Krankengymnastik oder Ähnlichem.
Ende 2019 habe ich gemerkt, wie schwach geworden bin, weil ich zu der Zeit schon lange keinen Sport mehr gemacht hatte.
Und auch, wenn wir Sanny da schon hatten und ich für sie immer stark und fit sein bzw. werden wollte: Ich konnte mich zu der Zeit einfach nicht aufraffen etwas für meine Fitness zu tun.
Ende Januar wurde ich dann auf dem Weg zur Arbeit von einem jungen Mann angesprochen, der für ein Fitnessstudio in der Nähe warb.
Ich hatte in der Vergangenheit tatsächlich immer öfter mit dem Gedanken gespielt mich in einem Fitnessstudio anzumelden.
Denn zum einen habe ich festgestellt, dass Sport zu Hause (während der Mann im Nachbarzimmer gemütlich auf der Couch liegt und Konsole spielt) für mich aktuell nicht mehr die richtige Motivation und daher nicht mehr der richtige Weg für mich war.
Zum anderen wollte ich einfach meine Grenzen austesten. Sehen, was körperlich auch bei mir noch so geht. Wie viele Kilo könnte ich einmal in der Lage sein zu stemmen? Der Gedanke war für mich schon lange sehr reizvoll.
Ich hatte immer vor spätestens durch ein eigenes Kind diese Grenzen endlich einmal auszutesten.
Aber jetzt war eben zumindest schon mal Sanny da - und der junge Mann, der mich eines freitags ansprach.
Er fragte nach meinen körperlichen Zielen, sprach von Körperanalysen und Unterstützung beim Erreichen dieser Ziele - persönlicher Betreuung.
Zudem war das Fitnessstudio fußläufig nur zehn Minuten von meinem Büro entfernt.
Es klang alles fast schon zu schön, um wahr zu sein.
Für die darauf folgende Woche vereinbarten wir eine Art Kennenlern-Termin und er zeigte mir das Studio.
Dort bekam ich direkt den ersten Dämpfer.
Der Weg zu den Umkleiden war nur durch diverse Treppen und einzelne Stufen (ohne Geländer) zu erreichen.
Dennoch unterschrieb ich noch am selben Tag den Vertrag meiner Mitgliedschaft, denn ich wollte es trotzdem unbedingt ausprobieren.
Schnell war ich mehr als begeistert von dem Studio.
Die Stufen zu den Umkleiden konnte ich mal besser, mal schlechter bewältigen, aber es war immer irgendwie möglich. Anfangs fragten mich auch immer die Trainer, ob ich Hilfe bräuchte.
Alle waren zu jederzeit sehr aufmerksam und nett und ich fühlte mich schnell wohl.
Nur kurze Zeit später einigten wir uns auf Personal Training einmal in der Woche. Insbesondere dieses half mir letztendlich meine persönlichen Grenzen zu knacken, wie sich herausstellen sollte.
Im Personal Training steht auch immer der „Senso Pro“ auf dem Programm - eine Konstruktion aus Gummibändern & Co. - also von Grund auf ziemlich instabil und daher eigentlich das für mich ungeeignetste Gerät überhaupt in diesem Studio.
Ungewöhnlich schnell stellten sich aber gerade hier die ersten Erfolgs- und gar Schlüsselerlebnisse ein. Ich wagte es sehr schnell freihändig auf den unteren Gummibändern zu stehen und meine Übungen durchzuführen - natürlich durch die Unterstützung und Aufforderung des Trainers.
Insbesondere hier ist mir klargeworden, dass viel mehr Kopfsache ist, als ich erst dachte und nicht gleich alles wegen meiner Schwerbehinderung ausgeschlossen und unmöglich ist.
Das Schönste war aber sicherlich auch die Tatsache, dass ich im Fitnessstudio normal behandelt und an meine Grenzen herangeführt wurde, wie jedes andere Mitglied auch. Ich bekam während der Übungen sogar zu hören, an meinem Körper gut aussah, wie z.B. meine Sprunggelenke oder Ähnliches.
Dagegen bei Krankengymnastik oder bei Arztbesuchen bekommt man ja stattdessen förmlich vorgehalten wie krank man ist und was man alles nicht kann.
Im Fitnessstudio fand ich schnell eine Art „Wohlfühloase“ für den Körper (Sport) und den Geist (soziale Kontakte).
So war ich an meinen Sporttagen meist erst gegen 21 Uhr zu Hause, aber ich gewöhnte mich daran.
Und als ich mich dann schließlich an den neuen Alltag mit Hund und Fitnessstudio gewöhnt hatte, kam das Homeoffice und die Studioschließung dank des Coronavirus.
Die ersten Wochen zu Hause war ich etwas träge und genoss die gewonnene Freizeit.
Inzwischen mache ich zwei Mal in der Woche Sport mit meinen Trainern über Video von zu Hause aus.
Es ist ganz witzig den Trainer „überall hin“ mitzunehmen. Bei der einen Übung steht das Handy auf dem Esstisch, bei der nächsten schon wieder auf dem Boden.
Sanny kommt dann immer an, springt auf mich rauf, während ich meine Bodenübungen mache, bringt mir ihr Spielzeug oder bellt die Hanteln an. Einfach zu süß!
Ich muss das unbedingt einmal aufnehmen, solange es noch geht.
Auch bei den Trainern kommt sie immer gut an und sie fragen schon nach meinem kleinen 2kg-Zusatzgewicht.
Manche machen halt Sport mit Baby - ich mache zur Zeit Sport mit Hund.