Das war der Oktober


Der Oktober war verrückt und wie mit einem Fingerschnips vorbei - aber eins nach dem anderem.


Nachdem ich im September den Umgang mit meiner Krücke geübt hatte, hatte ich sie fortan immer in meinem Arbeitsrucksack für meine Bürotage dabei.

Doch dann gab es eine neue Veränderung der Baustelle neben meinem Büro.
Auf einmal wurde die Umgebung großflächiger abgesperrt, sodass die Fußgänger über grobes Kopfsteinpflaster umgeleitet wurden - nichts für mich, trotz Krücke.

 

Die einzige Möglichkeit, die ich sah, war die Straßenseite zu wechseln, eine Weile bis zur nächsten Ampel zu laufen (am Büro vorbei), wieder die Straßenseite zu wechseln um so schließlich über Umwege, aber barrierefrei zum Büro zu gelangen.

Den Rückweg trat ich jedoch anders, über einen anderen U-Bahnhof, an.
Glücklicherweise ist meine Arbeitsstelle sehr zentral gelegen, sodass ich die Möglichkeit habe auf verschiedene Bahnhöfe auszuweichen, die zudem fußläufig gut für mich erreichbar sind.

In Zukunft wird also vorerst ein anderer Arbeitsweg mein Standardweg sein. Immerhin kann ich so aber die Baustelle komplett umgehen und künftig mit einem noch sichereren Gefühl unterwegs sein.

Der Oktober hatte es wirklich in sich, sowohl beruflich als auch privat.

Beruflich hat es mit der Arbeitsbelastung zu tun, die ein global zuständiges Team mit sich bringt, in dem ich nun auch schon seit fast einem Jahr tätig bin.
Aber auch eine anstehende Kündigungswelle in Deutschland, die erst Anfang Oktober und zwei Tage vor dem „World Mental Health Day“ verkündet wurde, waren nicht Schuld an meiner Arbeitsbelastung.

Entsprechend war ich im Betriebsrat - wenn auch nur als Ersatzmitglied - sehr gefordert.
Und auch wenn ich selbst nicht von einer Kündigung betroffen sein werde, so hat es mich selbst auch emotional sehr getroffen. Denn Mitglieder BEIDER meiner vorherigen Teams stehen potenziell auf der Abschussliste.

Privat war der Monat vollgepackt mit Wochenendsausflügen außerhalb Hamburgs etc. - positiver Stress würde man sagen. Aber nicht zwangsläufig, wenn arbeitsbedingt das mentale Fass schon so voll ist und man sich eigentlich nach Ruhe sehnt.

Umso mehr freue ich mich auf ein paar ruhige Urlaubstage  Anfang November ohne Verpflichtungen.

Mitte Oktober ging es für mich für ein Mädelswochenende mit teilen meines Hamburger Familienteils in die Nähe von Stuttgart.

Es war ein komisches, aber irgendwie auch schönes Gefühl ohne meinen Mann unterwegs zu sein. Und es lag weniger daran, dass er nicht dabei war. Vielmehr daran, dass ich mir erneut beweisen konnte, wie selbstständig ich noch immer bin und wie viel ich noch immer alleine schaffe - wie zu der Zeit, als ich ihn noch gar nicht kannte und schließlich auch mein eigenes Leben in Berlin führte.

Das Wochenende hat mir gezeigt, dass ich wieder mehr alleine ausprobieren sollte, selbst wenn mein Mann dabei ist, und ich nicht immer gleich seine Hand zur Unterstützung ergreifen sollte.

Genau eine Woche nach besagtem Mädelswochenende trat ich erneut einen ähnlichen Weg an, denn es ging für meinen Mann und mich Richtung München.
Für mich war es das erste Mal dort.

Positiv fielen mir sofort die S-Bahnen in München auf, bzw. dessen Ein- und Ausstieg-Prinzip.
Denn es gab immer eine Bahnsteigseite zum Einsteigen und eine zum Aussteigen.
Somit können Menschenmassen viel schneller und vor allem geordneter abgefertigt werden.
Vor allem für mich mit Gleichgewichtsstörung ein großer Vorteil, wenn sich nicht Menschen von draußen rein drängeln, wobei noch nicht einmal alle ausgestiegen sind.

Das Wochenende in München sollte ein Fußball-Wochenende anlässlich des 40. Geburtstages meines Mannes werden.
Zwar haben wir leider keine Karten mehr für das Heimspiel bekommen, aber wir wollten trotzdem fahren.

Kurzfristig (und bereits vor Ort) hatten wir allerdings noch VIP-Arena-View-Tickets für die Allianz-Arena bekommen, sodass ich an dem Wochenende zwei laufreiche Tage mit jeweils um die 14.000 Schritte zu verbuchen hatte.

Am ersten Tag haben wir den Marienplatz und Umgebung erkundet.
Ausgerechnet an dem Tag fand ein großes Stadtfest statt und später kamen auch immer mehr Fußballfans hinzu.

Ich muss dennoch sagen, dass ich mich vor Ort nicht unwohl gefühlt habe, was vor allem bestimmt auch daran lag, dass meine Mitmenschen sehr rücksichtsvoll waren und auf ihre Umgebung achteten.
Da bin ich aus Berlin und Hamburg ganz anderes gewohnt.

Am nächsten Tag stand dann der Besuch der Allianz-Arena auf dem Programm. Auch wenn ich kein FC-Bayern-Fan bin, so empfand ich es trotzdem als ein besonderes Erlebnis. Wir hatten unter anderem auch die Möglichkeit den Pressebereich und die Umkleiden zu betreten..

Am Folgetag ging es mit dem Zug zurück nach Hamburg.
Schon wieder laufen - und das mit mehr Hab und Gut als nur beim Stadtbummel.

Normalerweise benötige ich nach nur einem dieser laufreichen Tage mindestens zwei Tage Schonzeit und schleiche dabei so vor mich hin, weil meine Füße einfach noch so wehtun.

Nicht dieses Mal.
Trotzdem war ich in der Lage mit einem guten Gefühl und ohne Unterstützung meines Mannes die Heimreise samt Gepäck auf meinen Schultern anzutreten.
Auch die nachfolgenden Tage verspürte ich keine große körperliche Erschöpfung - höchstens mental.

Wiederum eine Woche später stand ein Event an, für das ich wie durch ein Wunder noch eine Karte ergattern konnte.

Es war ein Live-Podcast-Event - oder vielmehr ein Community-Event, bei welchem einmal das Format Live-Podcast ausprobiert werden sollte.
Ich bin dort alleine hin. Wäre ich auch dann, wenn ich mehr als nur eine Karte hätte erwerben können.


Allein Dinge zu unternehmen ist im ersten Moment unkomfortabel, das können sicherlich viele nachvollziehen. Aber wenn ich etwas wirklich will, dann mache ich das. Und das wollte ich unbedingt.

DagiBee ist eine der YouTuber:innen der ersten Stunde - eine der wenigen, der ich wirklich gern zuhöre und der ich schon seit vielen Jahren folge.
Auch ihr Podcast ist mittlerweile zu meinem Wohlfühl-Podcast geworden, den ich gerne höre, wenn zum Beispiel unliebsame Sachen im Haushalt anstehen.

Umso verrückter war es, als die Ankündigung kam, dass sie mit ihrer Cousine Tina in Hamburg sein würde - noch dazu in der Hafencity - mein vorheriger Arbeitsort.
Es war so unwirklich in einer mir so vertrauten Umgebung sie auf einmal dort zu wissen und sehen zu können.

Ja, ich musste vor Ort ab und an über meinen Schatten springen.


Ich gönnte mir zwei von den für den Abend extra konzipierten Kaffee-Zitrone-Drink, den ich bestimmt mal zu Hause ausprobieren werde, besuchte alleine die Fotobox und kam auch mit einem Mädchen neben mir ins Gespräch, das beruflich sogar meinen Arbeitgeber mit Kaffee belieferte.

Anschließend zum Live-Podcast gab es ein Meet&Greet mit den beiden Protagonistinnen.
Dazu wurde die Bühne umgebaut, sodass man dort - gut ausgeleuchtet und vor dem Logo des Podcasts - Fotos mit beiden machen konnte.

 

Ich wusste sofort, dass ich nicht auf die Bühne gehen würde und könnte.
Der Boden der Bühne war mit Teppichen, Vorlegern und Ähnlichem ausgelegt. Also alles Unebenheiten und Stolperfallen - und davon viel zu viele. Selbst der Versuch mich zu den beiden hinbringen zu lassen und dann bei ihnen für ein paar Sekunden freihändig für das Foto zu stehen hätte für mich einfach nicht funktioniert.

Ich rang mit mir.
Es schien mir eine einmalige Gelegenheit einer Begegnung im kleinen Rahmen zu sein.

Schnell gab es eine lange Schlange für das Meet&Greet,  die eine Zeit lang gar nicht kürzer zu werden schien, sondern sich immer wieder nachzubilden schien.

Ich wartete lange.
So lange, dass ich schließlich eine der Letzten in der Schlange war.

Und ich habe sie einfach gebeten, zu mir runter zu kommen, da ich nicht zu ihnen hoch kommen könne.
Etwas anderes blieb mir nicht übrig.

Sie wirkten überrascht - aber nicht negativ - und kamen tatsächlich ohne zu zögern meiner Bitte nach.
Ich hatte zuvor bereits beobachtet welch herzlichen Umgang sie mit ihrer Community vor Ort pflegten.
Das machte es mir wesentlich leichter sie um diesen Gefallen zu bitten.

Nun habe ich zwar weniger gut ausgeleuchtete Fotos mit ihnen, aber dafür ganz besondere und zugleich habe ich eventuell sogar ein nachhaltiges Zeichen für ihre künftigen Veranstaltungen gesetzt.

Alle Unternehmungen im Oktober waren natürlich schön! Ich glaube nur, dass ich sie mit etwas mehr Ruhe und unter anderen Umständen mehr hätte genießen können.